SVPA goes Baltic – Ein Ostseetörn


In einer Versammlung im Frühjahr 2022 meldete sich Arne zu Wort und verkündete, dass er gerne einen Ostseetörn organisieren möchte und fragte nach dem Interesse.  Das Interesse bestand und so reifte dann auch der Plan, diese Idee in die Tat umzusetzen. Wir checkten, an welchem Wochenende am meisten teilnehmen können und gingen auf die Suche nach einem Charterboot, der Möglichkeit eines Starthafens und Varianten der Routen.

Und so kristallisierte sich das verlängerte Wochenende 7.-10. Oktober 2022 heraus. Arne fand ein Schiff mit Heimathafen Rostock Stadthafen und die Crew stand fest. Wir tauschten uns aus, was wir an Ausrüstung und Kleidung benötigen, welche Verpflegung an Bord soll und wie wir nach Rostock kommen.

Am Donnerstag, 6. Oktober2022 ging es nach einem frühen Feierabend endlich los. Zwei Autos starteten vom SVPA nach Richtung Norden. Die Stimmung und Neugierde waren groß und jeder von uns hatte im Kopf die Frage, was uns wohl die nächsten drei Tage erwarten wird.  Da Arne per Zug aus Hamburg anreiste, war er als erstes am Stadthafen und machte bereits die Übernahme der Yacht, als wir eintrafen. Da lag sie nun im Schummerlicht des Abends – die „Baltic Sun“ eine Benneteau 45 – in der ersten Reihe, stolz, schlank und einladend. Die beiden Mitglieder des Hanseatischen Segelclub Rostock, dem die Jacht gehört, erklärten alle Details in nordisch klarer und freundlicher Art. Und jetzt gehörte sie uns, zumindest auf Zeit.

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Nach dem Laden des Gepäcks fuhr ein Team zum Einkauf, um die Versorgung für den Törn sicherzustellen. Danach trafen wir uns im gemütlichen Restaurant Borwin, um lecker zu essen und auf den bevorstehenden Törn anzustoßen. Unsere Crew bestand aus 9 Freizeitkapitänen: Arne war der Skipper und die Mannschaft bestand aus Micha, Armin, Petra, Martin, Dave, Simon, Björn und Götz.  Die erste Nacht verbrachten wir im Hafen und jeder konnte es sich in seiner Koje gemütlich machen und mit dem beruhigenden Glucksen des Wassers einschlafen.

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Am Morgen werden wir mit den ersten aufziehenden Sonnenstrahlen geweckt. Petrus scheint es gut mit uns zu meinen, denn Wind kommt auf. Also möglichst schnell das Schiff klar machen, nochmal alles überprüfen und dann starten wir auch schon die Maschine, um aus dem Liegeplatz heraus zu manövrieren. Es ist mit 45 Fuß ein langes Schiff und völlig anders im Handling als ein Contender oder eine Tempest auf dem Templiner See.

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Wir fahren ein kleines Stück die Warnow unter Maschine und dann setzen wir auch schon den Gennaker. Wir wollen nun endlich sehen, wie sich das Schiff unter Besegelung anfühlt.  Der Südwestwind trägt uns gut weiter stromabwärts, vorbei an Industrieanlagen, Vorstadtvillen, Vereinen, Werften, dem Terminal der Skandinavienfähren, vorbei am Kreuzfahrtterminal, Blick zum Warnemünder Alten Strom, vorbei am Leuchtturm und dann hinaus auf die Ostsee. Was für ein wunderbares Gefühl, nun die weite und nahezu unbegrenzte See vor sich zu haben. Die Oktober-Sonne über uns und den auffrischenden Wind in den Segeln ziehen wir davon – Kurs Nordwest. Wir entscheiden uns, Fehmarn anzusteuern, also Peilung in der Karte, Zielkurs bestimmen und Kurs halten. Und das über zig Meilen und Stunden, einfach nur dem Kompass nach. Am südlichen Horizont sehen wir noch die Silhouette der Kühlung, ansonsten nur Wasser, Wellen und vereinzelt mal ein Segel oder Schiff. Da der Wind ziemlich auffrischt, probieren wir verschiedene Varianten des Reffs im Großsegel aus, um die optimale Einstellung und den richtigen Speed zu finden. Zunehmend kommen auch die Wellen seitlich frontal, was bedeutet, dass ziemlich viel Bewegung im Schiff war. Das wiederum hat zur Folge, dass einige von uns Binnenseglern bleich und still herumsitzen und schrecklich mit sich selbst zu kämpfen haben.

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Nach ca. sieben Stunden und 80 km machen wir das Land der Insel Fehmarn aus und navigieren in Richtung Burgstaaken. Wir sind der Meinung, dass dort der Hafen netter ist als der Hochhaus umsäumte Yachthafen Burgtiefe. Und so bereiten wir uns auf das anstehende Manöver vor. Jeder bekommt seine Funktion, Festmacher und Fender werden vorbereitet. Das Anlegemanöver funktioniert gut, aber aufgrund unseres Tiefgangs kommen nur wenige Möglichkeiten in Betracht. So müssen wir den Kompromiss eingehen, dass wir keinen Strom verlegen können, da unser Kabel nicht lang genug ist. Aber egal, die Handys können über Powerbanks oder im Hafen-Waschraum geladen werden. Den Abend verbringen wir nach einem kleinen Rundgang in einem nahegelegenen Restaurant, wo wir richtig gut essen und dann satt, müde und zufrieden in unsere Kojen fallen.

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 Zweiter Tag

An Bord zu schlafen, mit all den Geräuschen und Bewegungen, ist für mich eine Wohltat. Am Morgen zeigt sich das Wetter freundlich, aber mit kleinen Nieselschauern. Der Wind weht auffrischend aus Südwest nach West drehend. Wir frühstücken in der gemütlichen Messe und stärken uns mit leckeren Rühreiern, Müsli und gutem Kaffee. Wir überlegen, welche Strecke wir uns heute vornehmen und entscheiden, über den Fehmarnbelt nach Rødby in Dänemark zu segeln. So bereiten wir alles für das perfekte Ablegemanöver vor und kommen zum Glück auch ohne Tiefgang-Schwierigkeiten aus dem Hafen heraus.

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Unter voller Besegelung und achterlichem Wind starten wir nach Richtung Osten, um Fehmarn östlich zu umrunden. Recht bald zeigen sich am Himmel dunkle Regenwolken und diese bringen erfahrungsgemäß immer Wind mit sich. Also wieder Reffen. Nicht schlecht staunen wir bei unseren Manövern, was hier für Kräfte wirken. Die Wellen schießen immer wieder über das Deck und es ist richtig Musik im Schiff. So ist immer etwas zu tun und es kommt keine Langeweile auf. Besonders spannend wird es dann, als die Haupt-Schifffahrtslinie gekreuzt werden muss. Dort fahren viele große Frachter, die schnell unterwegs sind. Auch die Fähren der Vogelfluglinie sind in hoher Taktrate unterwegs. 

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Wir finden einen guten Korridor und steuern auf Rødby zu. Plötzlich werden wir von einem weinroten Schiff mit hohem Tempo angesteuert. Oh weh, was ist nun los, haben wir etwas falsch gemacht oder lauert der Zoll uns auf?  Wir prüfen im Funkgerät die Kanäle durch. Das Patrouillenschiff ist nun ganz nah und befragt uns über Funk, wo wir hinwollen. Schließlich bekommen wir Hinweise, wie wir den Hafen ansteuern sollen und welches Gebiet wir strikt meiden müssen. Uns schwant jetzt, dass wir es mit der Fehmarnbelt-Tunnelbaustelle zu tun bekommen. Nach Meilen sehen wir die Hafeneinfahrt und peilen diese an. Kurz vor der Einfahrt kommt eine riesige Fähre heraus und es wird richtig eng. Besonnen nehmen wir den Gennaker rein und steuern auf die enge Einfahrt zu.  Das Größenverhältnis ist beeindruckend, wir kommen uns vor, wie in einer kleinen Nussschale direkt neben einem Wal.

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 Uns wird jetzt deutlich, dass es hier keinen lauschigen Hafen zu finden gibt. Aber neben dem großen Fährhafen gibt es noch einen kleinen alten Hafen, in dem aber kaum Schiffe liegen. Alles erscheint mit einem ausgeprägten Beton-Industrie-Charme sehr speziell. So haben wir viel Platz und Ruhe für das Anlegemanöver, welches aber nicht auf Anhieb funktioniert. Da die ursprünglich geplante Weiterfahrt nach Nysted uns jetzt aufgrund der langen Distanz etwas abwegig erscheint, beschließen wir für diese Nacht hier zu bleiben. Eine kleine Gruppe erkundet den Ort und wir Anderen stärken uns mit YumYum Suppen. Da hier viel Platz ist und wir jetzt noch Zeit haben, beschließen wir diese für das Üben von Anlegemanövern zu nutzen. Jeder soll eine Gelegenheit bekommen, sich hier einmal ausprobieren zu können. Und so machen wir es auch. Wir fahren unter Maschine gut zwei Stunden lang durchs Hafenbecken und legen immer wieder an. Das funktioniert mal besser, mal schlechter, auch mal überhaupt nicht, aber für uns alle ist es eine sehr gute Übungsmöglichkeit. Wir träumen wohl noch nachts von den Kommandos, der Vorspring, der Achterspring, dem Abpuffern und dem Eindampfen. Gut, dass wir hier nahezu allein sind.

Zum Abend kochen wir Pasta mit leckeren Saucen und genießen erfrischende Getränke. Ein kleiner Spaziergang führt uns dann bei Vollmond in die Umgebung des Hafens und mit besonderem Interesse beobachten wir die Arbeiten an der Tunnelbaustelle, ein gewaltiges Vorhaben. Leider ist hier der Zugang zum Strand gesperrt.

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Dritter Tag

Heute stehen wir früh auf, denn wir müssen wieder zurück nach Rostock. Also anziehen, Lagebesprechung abhalten und ablegen mit dem Erwachen der Sonne.

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 Der Wind ist heute deutlich geringer, aber er schiebt uns gut auf die See hinaus. Auch heute werden wir von den Anweisungen und Schiffen der Tunnelgesellschaft begleitet und umsegeln großräumig das abgesperrte Gebiet. Wir navigieren sicher durch den Schifffahrts-Korridor und nehmen Kurs auf Warnemünde. Nun sind wir schon den dritten Tag auf See und gut vertraut mit unserer Baltic Sun. Irgendwann wird die Sonne intensiver und auf dem Deck machen es sich einige sommerlich gemütlich und legen ein Nickerchen ein. Das ist fast unwirklich, denn wir haben schon Mitte Oktober. Für Interessierte gibt es alternativ Knotenkunde und intensive Gespräche. Irgendwann nach Stunden kommen der große Kühlturm und die Silhouette von Warnemünde näher, Segel auf der Ostsee werden mehr und es kündigt sich das nahende Ende des Törns an.

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Mit nur noch wenig Wind laufen wir in die Warnow ein und müssen irgendwann den Diesel anwerfen, um rechtzeitig zur Rückübergabe des Boots im Stadthafen anzukommen. Die Tagesetappe beträgt ca. 92 Kilometer und x Stunden. Das Anlegemanöver läuft wie geschmiert und damit endet ein ganz wunderbares Törn-Wochenende mit einer richtig guten Crew. Wir räumen aus und putzen das Schiff und machen die Übergabe an die Eigner. Nach dem Packen der Autos gibt es noch ein Fischbrötchen auf die Hand und dann machen wir uns auf den Rückweg nach Potsdam.

Das war für uns alle definitiv ein besonderes Wochenende, an das wir uns noch lange erinnern werden. Ganz besonderer Dank gilt Arne, der die Initiative der Aktion ergriffen hat.

Die Ostsee-Crew der Baltic Sun: Petra, Michael, Martin, Arne, Armin, Björn, Simon, Dave und Götz.

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 Text und Bilder: Götz

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